Wenn es hierzu einen alten Thread gibt, den ich nur verplant habe, tut es mir leid. Dann bitte zusammenfügen oder schließen.
Hier würde ich gerne eure Meinungen zu all den unschönen Dingen hören, die in der Tierwelt vor sich gehen und in wieweit man sie ins Lion King Universum einbringen kann oder darf.
Der Grund dafür ist, dass mir in letzter Zeit verstärkt Fanwork auffiel, das sich bei besagten unschönen Dingen reichlich bedient und leider meist ziemlich schlecht reflektiert. Ich hege dann schnell den Verdacht, dass die Macher hauptsächlich ‚edgy’ sein wollen, und nichts treibt die Klickzahlen so hoch wie eine Warnung vor Blut oder Gewalt.
Etliche Reviews von erwachsenen oder professionellen Kritikern stoßen sich ebenfalls an der Frage, was für Werte in TLK eigentlich Kindern vermittelt werden. Da sind die alten Vorwürfe des Rassismus und der Verherrlichung der Monarchie, die aber ihren eigenen Thread haben, und die generelle Kritik am Recht des Stärkeren. Ich denke, wir haben uns gemeinsam darauf geeinigt, dass für die Löwen eben keine ausschließlich menschlichen Maßstäbe gelten. Andererseits ist und bleibt TLK in erster Linie ein Kinder- bzw. Familienfilm, und auch die Löwen sind stärker danach konstruiert, was man sich unter einem Löwen gemeinhin so vorstellt, seiner Symbolik und seiner Bedeutung als Fabeltier als an der realen Katze.
Als Vergleich möchte ich kurz mal auf die Bücher von Clare Bell eingehen, die auch über intelligente Raubkatzen schreibt, namentlich in der Ratha-Reihe und in Tomorrow’s Sphinx. Bells Raubkatzen sind fest im Griff ihrer Instinkte, und was sie an Intelligenz haben, ordnet sich dem fast immer unter. Die Bücher behandeln, wie Mitgefühl, Moral und Zivilisation überhaupt erst entstehen und was das für ein schwieriger inner und äußerer Kampf ist. Trotzdem würde eine Gepardin oder ein Dinaelurusweibchen sich in Hitze mit Männchen paaren, die sie vorher verabscheut hat oder recht bald den Verlust ihrer Jungen verkraften. Natürlich gibt es auch da Ausnahmen, aber die Tierseite dominiert sehr deutlich. Die Welt in ihren Büchern ist entsprechend feindselig und rau, und richtige Freundschaft und Zusammenhalt sind unheimlich wertvolle Dinge. Wahre Liebe und Verzicht kann es geben, aber auch das sind in der Regel hart erworbene Errungenschaften.
Von den Lion King Löwen habe ich ein recht abweichendes Bild. Die Filmemacher brauchten sich natürlich nicht alles bis ins Detail zu überlegen, konnten einfach viel ins Off oder die Fantasie der Zuschauer verbannen und den Rest familienfreundlich aufmachen. Alle Beziehungen, die gezeigt werden, sind immer lebenslange Einehen, die auf Wahrer Liebe basieren. Gewalt gegen Familienmitglieder ist ein so unsagbares Verbrechen, dass es denjenigen sofort allen Respekt kosten kann. Bei Zira läuft es anders, aber das dient offensichtlich als das Musterbeispiel einer kaputten Familie. Gewalt gegen Kinder ist auch etwas, das in die Domäne der Schurkencharaktere fällt. Es gibt starke moralische Werte und eine ausgeprägte Philosophie über das Gleichgewicht des Lebens und die Ideale eines guten Königs. Es gibt sogar Ansätze einer Religion, die wohl am ehesten eine wenig elaborierte Form der Vorfahrenverehrung ist. Lüstern weiblichen Charakteren nachzustellen ist von Disneyschurken nicht unbekannt, aber die Stabilität des gesamten Disneyversums hängt davon ab, dass sie ihr Ziel nie erreichen. Man könnte zusammenfassen, die Charaktere, die sich menschlich und (westlich-) moralisch verhalten, sind das Ideal. Es kommt mir so vor, als hätten die TLK-Löwen sich selbst zivilisiert. Was dagegen auch für gute Charaktere okay zu sein scheint, sind Revierkämpfe, selbst sehr heftige.
Ich selbst würde deshalb bei allen garstigen Verhaltensweisen echter Löwen davon ausgehen, dass sie es nicht ins Disneyversum schaffen würden oder nur bei ganz verkommenen Individuen und Bösewichten. Dementsprechend glaube ich auch nicht, dass gute und neutrale Charaktere solche Verhaltensweisen rationalisieren oder sich fügen würden. Dagegen steht ein wenig die Apathie der Löwinnen unter Scars Herrschaft. War das das Ergebnis jahrelanger Zermürbung und Bewachung durch die Hyänen, oder eine Akzeptanz, die mehr aus der Löwennatur stammt? (Ist ja im Endeffekt egal, denn das Gute triumphiert immer. Disneyfilme sind voll von gierigen oder gemeinen Nebencharakteren und schlimmen Schicksalen, aber wenn man sich auf eines verlassen kann, dann auf die Gerechtigkeit.)
Was denkt ihr, was würde das TLK-Universum zulassen?
Würde eine Löwin ihren Löwen im Rudel mit anderen teilen und umgekehrt?
Hat der König automatischen Anspruch darauf, Bastardkinder mit seinen Löwinnen zu machen?
Könnte Kindermord gar nicht so selten sein?
Würde eine Löwin danach mit dem Mörder neue Kinder haben, wenn die Rolligkeit zuschlägt?
Wie steht es mit der uralten Inzestfrage?
Würden gute Charaktere ‚böse’ Dinge tun, weil es in ihrer Natur liegt?
Sind moralische Werte etwas, das besonders gute Charaktere auszeichnet oder vorauszusetzen?
Die zweite Frage wäre, bereichert es das TLK-Universum, wenn man etwas von dieser Liste gezielt einbringt? In welcher Form müsste es passieren, damit ihr es akzeptiert, und wie würde sich das auf den Canon auswirken? Oder ist es so, dass ihr Fanwork begrüßt, das etwas anstößiger ist, weil es mehr Realismus und Tiefe in die Geschichte bringt?
Dabei geht es mir ausdrücklich nicht um Yiffart, die Leute nur scharf machen soll, um Rollenspiele oder um Phantasien, die einem nur selbst gehören, sondern schon wirklich um canongetreues Storytelling.
(Die wirre Gliederung tut mir leid. Ich habs zumindest versucht.)