Auch ich wünsche euch etwas verspätet allen ein gesundes neues Jahr.
Mein 2020 war durchwachsen, aber bei weitem nicht so schlimm, wie es hätte sein können, unter anderem weil ich einen „systemrelevanten“ Job habe. Aber mit Hoffnung für die Menschheit gefüllt hat es mich sicher nicht. Es wurde so deutlich, wie wenig sich Leute im Durchschnitt um ihre Mitmenschen scheren und wie zerstörerisch sich der vorherrschende extreme Egoismus auwirkt. Ich freue mich für jeden von euch, dessen Freunde und Familie nichts abbekommen haben. Hier sieht es nicht so rosig aus. Es sterben in hier täglich ca. 50 Menschen am Coronavirus, 1400 insgesamt bislang. Wir wären nicht an diesem Punkt wenn es etwas weniger „hauptsache ich!“ gegeben hätte. Es mag eine schöne und psychologisch nützliche Illusion sein, wenn man sich ausmalt, man hätte aufgrund seiner eigenen Überlegenheit die Kontrolle, leider ist die Wahrheit, dass der nächste Depp in der S-Bahn, der seine Nase nicht bedeckt, derjenige sein kann, der dir zeigt, wie wenig real das ist. Bei uns ist die Intensivstation 80% voll mit Coronapatienten (laut Chefärztin, die auch schon COVID hatte). Das Personal wird immer wieder krank und steckt sich auch noch gegenseitig an trotz strenger Maßnahmen. Das führt inzwischen auch dazu dass darüber gut nachgedacht werden muss, ob wir z.B. unsere Krebspatienten operieren können. Gleichzeitig wird draußen unsere Pförtnerin mal wieder von Maskenverweigerern angeschrien, denen es egal ist, wie viele Patienten und Pfleger sie potenziell in Lebensgefahr bringen. Wir haben inzwischen Security am Eingang. Ein Verwandter von mir, der in der Pflege arbeitet, ist so fertig, dass er immer wieder von Selbstmord spricht. Man hat uns anfang Januar endlich Impfmöglichkeiten fürs Personal versprochen. Es gab sowas wie 100 Dosen fürs ganze Krankenhaus, und jetzt heißt es der Senat weiß nicht, wann Nachschub geliefert werden kann. Und jetzt kommt erst der ganze Fallout von Weihnachten. Es ist Warten und Hilflosigkeit umgeben von zu vielen Ignoranten und Egoisten. Das musste ich mal loswerden.
Das Jahr hatte aber durchaus auch Lichtblicke, ein schönes Zuhause, Ausflüge in die Natur, Lernen, Selbstbesinnung. Diese Dinge würde ich gern nach 2021 mitnehmen und wünsche sie euch allen reichlich.