Story ohne Helden?

  • Hallo!
    Ich muß mich kurz fassen, so kurz bevor ich zur Arbeit los muß.
    Unter all den Fics, die ich aus Faulheit nie schreiben werde, hat sich was neues herausgebildet. Mir ist nur aufgefallen, daß der interessanteste und wendungsreichste Charakter darin vermutlich einer ist, der wohl nicht mal mehr als Antiheld durchgeht. Ich frage mich daher, würdet ihr grundsätzlich auch Geschichten über Verbrecher lesen, über Schurken? Oder würde es euch nicht motivieren, weiterzulesen, wenn der Protagonist lauter enorm unsympathische und unmoralische Dinge tut? Was würde helfen? Wenn er am Ende mit einer angemessenen Strafe oder Läuterung bedacht wird, oder beidem? Wenn der Erzähler einen gewissen Abstand bewahrt? Oder wenn man so weit es geht in die Figur reinkriecht und ganz im Gegenteil die Dinge so sehr aus ihrer verzerrten Auffassung der Welt sieht, wie möglich? Muß man die "Helden" in den Nebenfiguren verstecken, so daß man sich für sie freuen kann, wenn der Protagonist doch mal scheitert? Oder einfach gar nichts, und sowas kann nicht funktionieren, wenn man kein Meisterautor ist? Würd mich über die eine oder andere Antwort freuen. :)

    Avatar von Andersiano

  • Interessantes Thema.


    Ich denke, man kann durchaus einen solchen "Schurken" als Hauptcharakter für eine Geschichte benutzen, ohne dabei eine unmoralische Geschichte zu schreiben. Man kann die Geschehnisse in der Geschichte ja durchaus wertungsfrei oder sogar negativ darstellen, ohne dass der Charakter sie selbst als negativ sieht. Das sollte dann dazu führen, dass der Leser sich mit den Taten des Schurken kritisch auseinandersetzt, anstatt sie einfach hinzunehmen.


    Eine Möglichkeit wäre zB die negativen Konsequenzen der Taten besonders nahe und detailiert darzustellen. Also wenn dein Schurke zB einen Unschuldigen niederschlägt, dann könntest du das Opfer beispielsweise von der menschlichen Seite her etwas beleuchten. Vielleicht hat der Schurke tief in seinem Inneren sogar Gewissensbisse. Oder die Tat stellt sich als völlig überflüssig und für niemanden gewinnbringend heraus.


    Natürlich kann man den Schurken dann am Ende für seine Taten büßen lassen, wodurch die Geschichte wieder ein moralisches Fazit erhält. Muss man meiner Meinung nach aber nicht. Es gibt durchaus eine Menge Geschichten, die völlig ohne Moral auskommen. Solche Geschichten sind dann aber natürlich nicht für jeden Leser geeignet, insbesondere natürlich nicht für Kinder. Ich selbst finde sie aber nicht völlig verwerflich, da sie ja im Prinzip erstmal nichts anderes sind als eine wertungsfreie Darstellung. Das Leben ist eben nicht immer gerecht.


    Soweit meine ersten Gedanken dazu. Vielleicht konnte ich dir ja ein wenig weiterhelfen :)


    Edit: Die Frage, in wie weit ich soetwas interessant finde, habe ich noch gar nicht beantwortet. Also ich persönlich finde finstere Charaktere und Bösewichte können wunderbare Charaktere sein. Aber ein Charakter, der sich seiner Sache zu sicher ist, egal ob gut oder böse oder sonstwas, funktioniert als Hauptcharakter selten gut, zumindest in längeren Geschichten. Wenn dem Hauptcharakter keinerlei Zweifel kommen und er keine Entwicklung durchmacht, kann es gut passieren, dass er irgendwann langweilig und eintönig wirkt. Bei Kurzgeschichten sieht das sicherlich ein bisschen anders aus, obwohl Kurzgeschichten ja auch häufig den Punkt eines Charakterwandels beschreiben.

    Einmal editiert, zuletzt von CoVou ()

  • Im Prinzip kannst du jeden Charakter für eine Geschichte nehmen. Wichtig sind eher ganz andere Faktoren:


    1) Aufbau & Schreibstil
    2) Sympathie & Interesse
    3) Auf was will man am Ende hinaus?

  • Danke euch beiden sehr. Fühle mich deutlich schlauer und auch ermutigt.
    Aufbau und Prämisse würde ich denk ich noch stemmen können. Ob sowas ein Killer fürs Interesse ist, hatte mich am ehesten interessiert.

    Avatar von Andersiano

  • Ich wollte damit nur ausdrücken, dass du einen interessanten Charakter schreiben sollst. ;) Er/Sie kann ruhig klischéehaft sein, solange die Ausführung sitzt und passt.

  • Ich habe da nicht viel hinzuzufügen, aber ich denke dass auch mal ein "böser Charakter" die Hauptfigur sein darf, sofern die Figur gut durchdacht ist und glaubwürdig erscheint. Eine entsprechende Läuterung fände ich am Ende nicht schlecht.
    Was den Erzähler angeht, da bin ich mir unschlüssig. Einerseits wäre es gut, wenn er Abstand wahrt, andererseits wäre es aber auch mal interessant, in den Kopf eines solchen "bösen Helden" zu schauen. Ich meine jetzt nicht etwas im Sinne von "Despicable me", denn dort macht der zunächst böse Held ja eine Wandlung zum Guten durch und ich denke mal, das schwebt dir nicht vor.


    Aber Charakterentwicklung fänd ich gut, sofern sie auch glaubwürdig ist, aber ich würde eine solche Geschichte auch lesen.



    PS: irgendwie muss ich an deinen Tani und Gadeth denken XD

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